„Fantastisch gesiegt!”

Clara Iser aus der 1a „erschrieb” sich den ersten Platz beim Aufsatzwettbewerb der Vorarlberger Volkswirtschaftlichen Gesellschaft zum Thema „Fantastische Berufe” in ihrer Altersklasse. Clara überzeugte die Jury und das Publikum mit ihrer Geschichte „Hüter des Wissens”. Sie wusste mit ihrer fantasievollen und ausdrucksstarken Erzählweise zu begeistern. Bei der Abschlussveranstaltung und Siegerehrung im ORF Funkhaus in Dornbirn wurden die prämierten Geschichten professionell vorgelesen und für die Radiosendung „Kultur nach 6” aufgenommen. Unterstützt wurde Clara bei der Preisverleihung von ihren Klassenkameradinnen.

Wir gratulieren herzlich!
Mag. Annette Hecht-Rauch

 

 

Hüter des Wissens

„Bitte, bitte, erzähl sie uns noch einmal!”, bettelte die kleine Lina. „Aber die habt ihr doch schon tausendmal gehört!”,antwortete ich. „Bitte, bitte, Oma erzähl…”. „Ja, ja, ist schon gut!“

Ich saß auf einer Wiese, nicht weit von hier entfernt. Es war ein herrlicher, lauer Sommertag, die Grashalme schaukelten sanft im Wind. Eigentlich wäre das ja ganz schön gewesen, wenn es nur irgendeinen Grund gegeben hätte, glücklich zu sein. Aber nein, den gab es nicht. Nicht zu Hause, nicht in der Schule, nirgends! In der Schule gingen mir alle aus dem Weg, weil man über unsere Familie munkelte, wir seien verrückt! Nicht ganz richtig im Kopf, plemplem! Ich konnte mir nämlich jedes gelesene Wort merken und das fanden die anderen unheimlich. Zu Hause war meine große Schwester, sie tröstete mich immer, wenn ich traurig war und ich liebte sie dafür. Leider liegt die Betonung auf war. Sie hatte ihr großes Glück gefunden und zog mit ihrem Mann weit weg.

Irgendwann stand ich auf und schlug den Weg zur Bibliothek ein. Diesen Ort suchte ich in letzter Zeit oft auf. In den vielen Büchern konnte ich eintauchen in eine völlig andere Welt. Am liebsten las ich Sachbücher, Lexika oder Tierbücher. Ich sog den Inhalt ein und konnte die  Bücher eins zu eins wiedergeben. Doch als ich dieses Mal in die Bibliothek kam, war es anders. Es war stiller als sonst. Natürlich ist es in der Bibliothek immer still, aber heute lag etwas Unheimliches in der Luft. „Frau Reiter? Frau Reiter?” , rief ich in das schummrige Licht der Bibliothek. Doch niemand antwortete mir. Frau Reiter,  die pummelige Bibliothekarin war  immer nett zu mir. Manchmal lud sie mich ein auf eine Tasse Tee und Kekse. Sie verließ die Bibliothek nur abends, aber es war nicht Abend, nein, es war Nachmittag. „Das ist seltsam”, dachte ich. Die Tür zum Büro von Frau Reiter war offen, der Stuhl umgekippt und die ganzen Bücherregale lagen kreuz und quer verstreut in ihrem Büro! Ich ging durch die unzähligen Reihen. Doch plötzlich fiel mir auf, dass da keine Bücher mehr waren. Kein einziges Buch mehr!  Die Bibliothek war komplett leer. Langsam bekam ich es mit der Angst zu tun. Als dann auch noch irgendein dumpfes, unheimliches  Surren zu hören war, nahm ich endgültig Reisaus! Sobald ich zur Tür hinaus gerannt war, verwandelte sich das Surren in ein lautes Ploppen. Das spornte mich nur noch mehr an, so sprintete ich auf dem schnellsten Weg nach Hause.

In den nächsten Tagen hörte ich im Radio, dass  mittlerweile nicht nur unsere Bibliothek ausgeräumt war. Außerdem waren auch in den anderen Bibliotheken ähnliche surrende Geräusche, wie ich gehört hatte, nachzuweisen. Das beunruhigte mich, und ich versank in meinen Gedanken.  Plötzlich riss mich der schrille Schrei der Türglocke  aus meinen Träumereien. Als ich die Tür öffnete, stand mein Opa vor mir. Er hatte früher bei der Polizei einen hohen Posten dauerhaft belegt. Mein Opa aß mit uns zu Mittag. Danach nahm er mich beiseite und sprach: „ Hör zu, wie du weißt,  war ich früher bei der Polizei. Anscheinend soll ein gewisser Ludwig von Dumpenstein eine Maschine gebaut haben, die das gesamte Wissen der Erde zunichte  machen wird. Diese Maschine besitzt eine Art Magnet. Dieser Magnet zieht die Buchstaben aus den Büchern und Internetseiten. Wenn sie beispielsweise in einer Bibliothek ihre Arbeit getan hat, teleportiert sie sich in von Dumpensteins Labor. Das Surren und Ploppen sind Teleportationsgeräusche. Nur du kannst uns helfen. Du musst lesen, alles lesen, Bücher, Seiten im Internet, einfach alles!” Zunächst einmal blieb mir der Mund offen  stehen. Ich wusste nicht genau, was ich davon halten sollte, da es aber allem Anschein nach sehr ernst war, willigte ich ein. Von nun an las ich nur noch, Tag für Tag, Seite um Seite, nach  einem knappen Jahr hatte ich alles gelesen. Glücklicherweise gab es auf der ganzen Welt noch dreizehn andere Superhirne, so musste ich mir nicht alles alleine merken.

Eines Tages stand Folgendes in der Zeitung: Die Polizei hatte Ludwig von Dumpenstein endlich überführt und die verschwundenen Bibliothekare befreit. Sie waren Opfer eines hinterlistigen Planes geworden. Ludwig von Dumpenstein hatte mit seiner gemeinen Maschine vorgehabt, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Ludwig von Dumpenstein handelte außerdem nach dem Motto: Wer nichts weiß, muss alles glauben!

„Naja und das war’s eigentlich. Das war meine Lebensgeschichte. Danach wurde ich Geschichtenerzählerin. Die Maschine explodierte irgendwann, weil sie zu viel Wissen zerstört hatte und so wendete sich alles zum Guten,“ beendete ich meine Geschichte. Da platzte Lina heraus: „ Aber wenn du einmal nicht mehr bist, werden wir ja alles vergessen!”

„Nein, das wird nicht passieren. Alle hundert Jahre kommen vierzehn Kinder auf die Welt mit der gleichen Fähigkeit wie ich. Auf diese Weise wird das Wissen immer gehütet. Zum Glück leben wir im 28. Jahrhundert. Da wird man leicht mal 170 Jahre alt!”, antwortete ich.

Clara Iser, 1a

„Fantastisch gesiegt!”