GESCHICHTE HAUTNAH – EIN PLÄDOYER FÜR ZIVILCOURAGE

Am 08.11.2019 hatten rund 130 Schülerinnen der Oberstufe das Vergnügen, Agnes Hirschi von der Carl Lutz Gesellschaft als Zeitzeugin begrüßen zu dürfen. Die Stieftochter des Juden-Retters Carl Lutz, wie es auf www.infosperber.ch zu lesen ist, gelobte ihrem Stiefvater auf dem Sterbebett, sich für eine angemessene Würdigung seines Tuns in der Öffentlichkeit einzusetzen.

Wer war Carl Lutz?
Carl Lutz war Schweizer Vizekonsul in Budapest. Seine starke Religiosität, er war Mitglied der evangelisch-methodistische Kirche, führte dazu, dass er seine Position als hoher Diplomat in den Dienst des Widerstandes stellte und während des 2. Weltkriegs rund 60.000 ungarische Jüdinnen und Juden vor dem sicheren Tod rettete. Sie wurden durch eine beispiellose Schutzbriefaktion, die Lutz ohne Bewilligung der offiziellen Schweiz durchführte, vor der Deportation in die NS-Konzentrationslager bewahrt.

Was hat das mit Agnes Hirschi zu tun?
Die Mutter von Agnes Hirschi war nicht nur Angestellte von Carl Lutz, sondern schon bald auch seine große Liebe. Somit erlebte die kleine Agnes – sie war am Ende des Krieges gerade mal 6 Jahre alt – das Tun Carl Lutz‘ hautnah mit.

Weshalb kam es zur Gründung der Carl Lutz Gesellschaft?
Carl Lutz erfuhr zeit seines Lebens nie die ihm persönlich so wichtige Anerkennung seines Heimatlandes Schweiz. Wohl gab es zahlreiche Auszeichnungen aus dem Ausland, doch die schleppende Aufarbeitung der eidgenössischen Rolle im 2. Weltkrieg, aber auch die Tatsache, dass es sich bei den Geretteten um ungarische und nicht um Schweizer Juden handelte, wie Agnes Hirschi vermutet, verhinderten die Würdigung dieses großen Widerstandskämpfers.

Worin liegt die Arbeit von Agnes Hirschi?
Seit dem Tod von Carl Lutz 1975 hat sich Agnes zur Aufgabe gemacht, das Tun ihres Stiefvaters, ein Fanal und Vorbild für die Kraft der Zivilcourage und die Macht des Einzelnen gleichermaßen, ins kollektive, aber vor allem ins Schweizer Bewusstsein zu tragen. Dies tut Sie mit unermüdlichem Einsatz, hält Vorträge, besucht Fernsehsendungen und arbeitet permanent gegen das Vergessen. Die Umbenennung eines Saals im Schweizer Nationalrat in „Carl-Lutz-Saal“ zeigt eindrucksvoll den Erfolg ihrer Arbeit.

Was können wir aus dieser Geschichte lernen?
Überzeugungen und Wertehaltungen, die in personam des Carl Lutz im gelebten Glauben, bei Agnes Hirschi in der Absicht, das Andenken an ihren Stiefvater lebendig zu halten und ein Sprachrohr gegen das Vergessen zu sein, lagen und liegen, sind Grundvoraussetzung und Antriebsfeder des eigenen Tuns und die wesentlichsten Motoren zivilcouragierter Verhaltensweisen. Gerade in einer Zeit, in der die mangelnde Wertschätzung gegenüber unseren Mitmenschen in vielfältigen Formen wieder zutage tritt, sind solchen Persönlichkeiten als Vorbilder für uns alle wichtiger denn je.

GESCHICHTE HAUTNAH – EIN PLÄDOYER…